Mit Licht geschossen | 8. Bildpräsentation
Historische Originalaufnahmen, eingefangen in Chemnitz, an der West- und Ostfront, großformatig plakatiert.
Eine Fotografie – einen Monat lang – an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen von Chemnitz, über die gesamte historische Spiegelungsdauer 2014-2018.
Frauen in der Industrie
Die Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG Chemnitz gestattet dem Betrachter einen Blick in ihre Werkstatt für die Bearbeitung von Geschützrohren. Die offizielle „PR“-Fotografie – beim genauen Hinschauen sind die Retuschen für den Buch- und Zeitungsdruck zu erkennen – akzentuiert v.a. die weiblichen Arbeitskräfte in den Rüstungsfabriken.
Die Vorstellung, der im August 1914 begonnene Krieg ließe sich – ähnlich wie der deutsch-französische Krieg von 1870/71 – rasch beenden, erwies sich mit zunehmender Dauer und Erhärtung der Fronten als vollkommen illusorisch. Die neue Kriegsform der Materialschlachten brachte es mit sich, dass das produzierende Hinterland der kriegführenden Parteien viel stärker als jemals zuvor in der Geschichte dem Massenbedarf der kämpfenden Truppe an Gerät und Munition Rechnung zu tragen hatte. Die neue enge Verflechtung von Front und Hinterland aber brachte im Deutschen Reich erhebliche Probleme mit sich, waren doch die dringend benötigten qualifizierten Facharbeiter diejenigen, die als Erste zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Der Bedarf an Beschäftigten in der Rüstungsindustrie stieg um fast 50% an; kompensiert wurden die entstehenden Defizite nun dadurch, dass die zivile Produktion drastisch heruntergefahren wurde und man fehlende männliche Arbeitskräfte zunehmend durch Frauen, Jugendliche, Kriegsgefangene und Fremdarbeiter aus besetzten Gebieten ersetzte.
Bilder wie das vorliegende haben auch rezeptionsgeschichtlich in jüngerer Vergangenheit eine große Rolle gespielt, lieferten sie doch den scheinbaren Beweis für einen emanzipatorische Paradigmenwechsel, der mit der kriegsbedingt steigenden Beschäftigungsrate von Frauen in den Jahren zwischen 1915 und 1918 einhergegangen sei: Faktisch erhöhte sich der Anteil werktätiger Frauen jedoch nur um insgesamt 17%; nach Rückkehr der männlichen Kriegsteilnehmer gewannen vorerst die alten, tradierten Erwerbs- und Familienbilder wieder die Oberhand.