Mit Licht geschossen | 15. Bildpräsentation
Historische Originalaufnahmen, eingefangen in Chemnitz, an der West- und Ostfront, großformatig plakatiert.
Eine Fotografie – einen Monat lang – an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen von Chemnitz, über die gesamte historische Spiegelungsdauer 2014-2018.
„Erziehung vor Verdun“
Mit unzähligen Fuhrwerken und per Hand ausgeführten Eisenbahneinrichtungen zeigt die Fotografie ein Stück Soldatenalltag und Frontnormalität: Der Stellungskreig bedingte den fortikatorischen Ausbau von Lauf- und Schützengräben mit Unterständen und relativ beschusssicheren Kasematten in bislang unbekanntem Ausmaße. Für die Versorgung der kämpfenden Truppen in vorderster Linie mit Waffen, Munition, Fourage und Verpflegung musste eine komplette verkehrstechnische feste wie auch semi-mobile Infrastruktur geschaffen werden: Dieses waren die Aufgaben der so genannten Armierungssoldaten, die auf diese Weise für die Verbindung zwischen Front und Etappe sorgten. Die insgesamt 217 deutschen Armierungs-Bataillone (diesen Namen erhileten, weil sie ursprünglich die zu dieser Zeit noch üblichen Festungen im Kriegsfall „zu armieren“, d.h. in kampfbereiten Zustand zu versetzen hatten) gelten, wie auch beispielsweise ihre französische Gegenspieler, die „Sappeurs“, als Vorläufer moderner Pioniereinheiten. Ohne derartige Truppen wären die Totalität der im 1. Weltkrieg notwendig gewordenen Kriegführung und das Funktionieren der Fronten nicht möglich gewesen.
Das Schicksal der Armierungssoldaten blieb lange Zeit im öffentlichen Bewusstsein präsent, vor allem durch prominente Biografien wie der von Karl Schmidt-Rotluff, Kurt Tucholsky oder Karl Liebknecht, die ihre Weltkriegserfahrungen als Angehörige dieser Waffengattung machen mussten. Einen hohen Bekanntheitsgrad aber erhielten sie nicht zuletzt durch Arnold Zweigs weitverbreiteten Roman „Erziehung vor Verdun“, der den Kreigsalltag aus der Perspektive der Armierungssoldaten in der Etappe beleuchtete – anders als in Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“, in dessen Mittelpunkt die traumatischen Erlebnisse der Frontsoldaten standen: Beide Darstellungshorizonte stellten jedoch keinen Gegensatz dar. Vielmehr wurde deutlich, dass der moderne, totale Krieg in seinen Gefährungspotentialen keine Unterschiede mehr zwischen „tödlicher“ Front und vermeintlich „sicherer“ Etappe machte…