Mit Licht geschossen | 28. Bildpräsentation
Historische Originalaufnahmen, eingefangen in Chemnitz, an der West- und Ostfront, großformatig plakatiert.
Eine Fotografie – einen Monat lang – an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen von Chemnitz, über die gesamte historische Spiegelungsdauer 2014-2018.
„Des Winters Zorn“
„Der Winter ist keine Jahreszeit, sondern eine Aufgabe.“ Diese Worte von John Sinclair (1885-1951) beschreiben die Probleme der Bevölkerung zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Keines der kriegsführenden Länder hatte Vorbereitungen für einen langen Krieg getroffen, schon gar nicht, was die Lage der Bevölkerung „in der Heimat“ betraf. Die Nahrungsmittelversorgung im Deutschen Reich traf dieses Versäumnis zunehmend mit voller Härte, vor allem in den Wintermonaten. Schon die von Seiten der Entente-Staaten errichtete Seeblockade hatte verhältnismäßig schnell zu einer Verschlechterung der Versorgung innerhalb des deutschen Kaiserreiches geführt, so dass in Deutschland bereits im Jahr 1915 Zwangsbewirtschaftung und Rationierung von Nahrungsmitteln festgelegt wurde. Anstehen nach Nahrungsmitteln, wie im Bild zu sehen, wurde tägliche Notwendigkeit und Normalität. Ihren traurigen Höhepunkt erreichte die ohnehin dramatische Situation jedoch im Winter 1916/17. Die Kartoffelernte betrug in der Herbstsaison nur 50 Prozent des durchschnittlichen Ertrages. Dies hatte zur Folge, dass nach Alternativen gesucht werden musste. Ein Flugblatt vom 18.12.1916 beschrieb und erläuterte, wie etwa Rüben zu verarbeiten und zu nutzen sind: Kohl- bzw. Steckrüben, die allerdings den Kalorienbedarf eines Erwachsenen nicht ausreichend deckten, wurden daher als Ersatzgrundnahrungsmittel in großem Umfang ausgegeben. Daraus ergab sich das große Problem einer allgemeinen chronischen Unterernährung. Der Arzt Alfred Grotejahn hielt am 17. März 1916 in seinem Tagebuch fest: „Die (Berliner) Bevölkerung bekommt von Woche zu Woche mehr ein mongolisches Aussehen.“ Die Mangelversorgung führte zu einer gravierenden Schwächung des Immunsystems weiter Kreise der Bevölkerung, woraus schließlich epidemische Krankheiten wie Tuberkulose und die Grippe resultierten. Die Kindersterblichkeit stieg um 50 Prozent höher als vor dem Krieg. Auch starben mehr Frauen an den Folgen der Geburt, weil sie einfach zu schwach waren.
Eines wurde damit im „Hungerwinter“ des Krieges für jeden überdeutlich: Nicht nur die Soldaten an den Fronten waren die Leidtragenden, sondern auch die Bevölkerung in der Heimat kämpfte ums Überleben.