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Mit Licht geschossen | 13. Bildpräsentation

Historische Originalaufnahmen, eingefangen in Chemnitz, an der West- und Ostfront, großformatig plakatiert.

Eine Fotografie – einen Monat lang – an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen von Chemnitz, über die gesamte historische Spiegelungsdauer 2014-2018.


Siegesfeiern

In den beiden ersten Jahren des Weltkrieges vermochten Siegesmeldungen der deutschen Truppen auch in Chemnitz noch die Massen zu mobilisieren. Um ihre Verbundenheit mit der kämpfenden Truppe zu demonstrieren, trafen sich Zehntausende auf dem Marktplatz unter den Denkmälern Kaiser Wilhelm I., Bismarcks und von Moltkes, denen angesichts der Ereignisse nun eine vollkommen neue Wertschätzung zu Teil wurde. Als nämlich seinerzeit die drei Bronzestandbilder auf ihren Sockeln aus rotem schwedischen Granit vor dem Rathaus aufgestellt wurden, gab es in der Stadt nicht wenige, die die drei Symbolgestalten des „preußischen Militarismus“ am liebsten ins hinterste Pfefferland gewünscht hatten: Die Erinnerungen an die Niederlage im preußisch-österreichischen Krieg, in dem Sachsen als Waffenbruder der Habsburger mal wieder auf der falschen Seite gestanden hatte, waren im Jahr der Denkmalweihe 1899 noch zu frisch. Neben allgemein verbreiteten antipreußischen Ressentiments in der Bevölkerung klang vor allem unter den Menschen der Erlebensgeneration des 1866er Krieges die sprichwörtliche „Rache für Sadowa!“-Mentalität nach, und auch unter der gut organisierten Chemnitzer Arbeiterschaft gab es kaum Sympathien für die Dargestellten.

Das änderte sich mit Ausbruch des Weltkrieges natürlich nachhaltig: Das Beschwören der militärischen Giganten der Reichseininigungskriege wurde zum integralen Bestandteil der teils spontanen, teils verordneten quasisakralen „Siegsfeiern“ auf dem Chemnitzer Markt, von dem die Zeitgenossen berichteten, es wäre „kein Markt mehr, [sondern] ein Gotteshaus!“ Vermochten im Verlauf des Jahres 1915 die gewonnenen Schlachten während des „Großen Rückzuges“ der russischen Armee – hier im Bild dargestellt, die Siegesfeier anlässlich des Falles von Brest-Litwosk im August 1915 – noch die Massen zu begeistern, sollte sich, unter dem Eindruck der Ereignisse an der Westfront, v.a. der enormen Verlustzahlen bei gleichzeitig fehlenden greifbaren strategischen Ergebnissen, die Kriegseuphorie auch in Chemnitz bald abkühlen…